Bergsteigen

„Was mir am Klettern gefällt?“ Tomas Carlström kratzt sich nachdenklich am Kinn. Er steigt eine steile Treppe im Osloer Naherholungsgebiet Frognerseteren hinauf. Carlström ist Eiskletterer, Mann der Berge, Zelt- und Bekleidungspionier und vielleicht am besten bekannt für seine Tätigkeit bei Norrøna und Skandinavisk Høyfjellsutstyr – zu Deutsch „skandinavische Bergausrüstung“. Es ist Montag und in Oslo herrscht gerade die graue Übergangszeit zwischen Herbst und Winter, in der wir alle auf Frost und strahlendes Winterwetter warten. Die Stadt ist in ein feuchtes Nebelgewand gehüllt und Carlström fährt mit einem silbergrauen Skoda Yeti durch das geschäftige Treiben. Er spricht über die Berge.
There is something about the mountains, being up there: The space, the friendship. We always bring an old fleece jacket on trips. It’s huge, big enough to wear on top of all your clothes. When you get to a belay point you get the belay point jacket so you can stay warm
Tomas Carlström
Er ist inzwischen 70 Jahre alt. Ihn umgibt eine typisch skandinavische Jugendlichkeit. Das Gesicht leicht wettergegerbt, von der Kälte gezeichnet.
Fast scheint es, als könne man die hohen Berge in seinen Augen funkeln sehen. Doch noch immer besitzt er eine starke Persönlichkeit und eine Vertrauenswürdigkeit, die von unzähligen Aufstiegen und schattigen Tagen in gefrorenen Wasserfällen herrührt. „Vor einiger Zeit habe ich mich am Bein verletzt. Ich bin gestürzt“, erzählt Carlström. Zuerst möchten wir aber eine kleine Zeitreise in die zweite Hälfte der 1960er Jahre unternehmen. In Norwegen und Schweden bildete sich eine kleine Klettergemeinschaft.



Im Jahr 1970 kündigte Carlström seinen Job als Verkehrsingenieur und verließ Schweden – und seine Freundin, die für steile Berge wenig übrig hatte.
Es zog ihn in das norwegische Bergdorf Hemsedal, wo er einen Job als Lehrer in der Bergsteigerschule Høgfjellsskolen Norsk Alpincenter annahm. Doch Kletterpioniere hatten es in den ländlichen Gegenden Norwegens nicht leicht. Carlström berichtete der Lokalzeitung kürzlich Folgendes: „Kletterausrüstung war damals nicht leicht zu finden. Ein Geschäft in Oslo hatte einige Artikel im Angebot, aber nur im Sommer.“ 1972 wurde sein Ärger über schlechte Kletterausrüstung unerträglich. Carlström gründete zusammen mit Hans Petter Fernander und Jan Fredrik Larsen das Unternehmen Skandinavisk Høyfjellsutstyr, das sich auf Kletter- und Bergsportartikel spezialisiert hatte.
„In dieser Zeit lernte ich auch Ole Jørgen Jørgensen von Norrøna kennen. Mein Kollege Jan Øhlcker kam zu mir, nachdem er Ole Jørgen bei einer Party im norwegischen Valdres getroffen hatte“, erinnert sich Carlström. „Norrøna benötigte Experten für die Entwicklung von Ausrüstung.“ Und so begann Carlströms inzwischen 36-jährige Tätigkeit bei Norrøna. Thomas schlägt beim Abstieg von einem gefrorenen Wasserfall mit Norrøna-Ausrüstung seine Eisaxt ein.
